Ein Bierhersteller wirbt momentan mit einer „Wir im Süden“-Plakatserie. Auf den Plakaten sieht man nicht nur glückliche, junge Menschen im sommerlichen Ambiente, Männer mit Dreitagebart, Frau mit blondem Haar, sondern auch eine linguistische Auffälligkeit: „Wir im Süden: Hier trägt jeder so sein Päckle“ ist der Claim. Und es ist klar, mit dem dialektalen „Päckle“ wird auch sprachlich Süden signalisiert – zumindest Deutschlands Süden.
Das Plakat zeigt: Auch in Deutschland gibt es Dialekte und die Möglichkeit, in Situationen, wo eigentlich Standardsprache gebräuchlich ist, eine bestimmte Konnotation, z.B. regionale Verwurzelung, zu transportieren. (Diese Tatsache mag für deutsche Leser/innen nicht sehr überraschend sein, aber in Schweizer Diskussionen zu Dialekt und Standard wird oft ein anderes Bild der sprachlichen Situation Deutschlands skizziert: Deutschland, wo das richtige Deutsch gesprochen wird und es keine Dialekte gibt.)
Der Zufall wollte es, dass am gleichen Tag, als ich das Plakat sah, in der Neuen Zürcher Zeitung folgende Headline zu lesen war: „Zweite Chance für das Franken-Päckli“. Darüber war ich einigermaßen erstaunt, denn die NZZ schien mir bis jetzt immer relativ resistent gegenüber dialektalen Einflüssen.
Ich wollte es genauer wissen: Im Alemannischen sind Verkleinerungsformen (Diminutive) mit -li bzw. -le Alternativen zum standarddeutschen -chen. Wie oft kommen also solche Diminutive in Zeitungsartikeln in der Schweiz und in Deutschland vor?
Leider ist die Recherche nicht ganz einfach. Die Suche nach Substantiven, die auf -li enden, bringt zwar gewünschte Fälle wie „Gipfeli“, „Rüebli“ und „Gummibärli“, aber halt auch „Juli“ und „Israeli“. Schlimmer noch bei -le. Zudem gibt es in der Schweiz viele Nachnamen, die auf -li enden: „Aeppli“, „Brändli“, „Zwingli“, „Wehrli“ etc. Trotzdem zählte ich aus, wie viele Substantive mit Endung -li es in den Online-Versionen der Schweizer Zeitungen NZZ, Blick, Tages-Anzeiger und 20 Minuten im Jahr 2011 bis heute gibt. Das Messinstrument ist zwar ungenau, aber es ist zu erwarten, dass Wörter wie „Juli“ und „Israeli“ oder Nachnamen in allen Zeitungen etwa gleich häufig vorkommen, so dass das Messinstrument bei allen etwa gleich ungenau misst.
Wenn das Messinstrument ein Indikator für Dialektwörter ist, dann sehen wir, dass im Blick (Boulevardzeitung à la Bild) am häufigsten solche Wörter verwendet werden – in der NZZ am seltensten. Das entspricht durchaus den Erwartungen. Im Blick ist die Rede von „Gspänli“, „Rössli“, „Hösli“, „Blüemli“, „Wienerli“, „Plättli“, „Müesli“, „Füdli“ etc. In der NZZ sind mir das „Sonderkässeli“ und das „Fresspäckli“ aufgefallen, der Tages-Anzeiger spricht vom „Weggli“, den „Hüsli“, „Träumli“, „Rippli“ und „Zigarettenpäckli“, 20-Minuten auch vom „Zigi-Päckli“, „Tigerli“, „Winterjäckli“, „Tüechli“ und den „Frauen-Bildli“ – was das für Bilder wohl sind… Solche Wörter sind alle eher selten (meist unter 10 Mal). Bei allen vier Zeitungen ist das häufigste Dialektwort „Stöckli“, was eine dialektale Bezeichnung für den Ständerat ist.
Nur das „Fränkli“ lässt sich nirgends finden. Das dürfen wohl wirklich nur Deutsche als Bezeichnung für den Schweizer Franken verwenden – allerdings gibt es das „Goldvreneli„, das wohl aber nur in dieser Form existiert: Von einer „Goldverena“ ist mir jedenfalls noch nichts zu Ohren gekommen.
Ob es in Deutschland den „Eurole“ gibt?