Noch letzte Woche beherrschte die Schweizer Medienwelt ein Thema, bei dem auch ich nicht umhin komme, es als schrecklich zu bezeichnen: Die wiederholte Vergewaltigung eines 13-jährigen Mädchens durch minderjährige Schüler in Zürich-Seebach.
Ich glaube, bei der ganzen Diskussionen über Jugend, Sexualität, Ausländer und Gesellschaft lohnt ein Blick auf Sprache. Besser: Die Art des Sprechens darüber. Wo Angst, Empörung oder Wut medialisiert werden, sind Floskeln, schräge Vergleiche und Klischees nicht weit. Ihnen kritisch zu begegnen, könnte helfen, nüchterner zu sehen.
Gehen wir das Problem linguistisch an: Am einfachsten greifbar sind Zeitungstexte zum Thema. Ich analysierte eine Woche Berichterstattung zum Thema in der Neuen Zürcher Zeitung und im Tages-Anzeiger. Nach und nach werde ich Resultate und Interpretationen dazu hier präsentieren. Die naheliegendste: Welche Nomen erscheinen in der Berichterstattung zum Fall?
(Klick auf’s Bild zeigt die ganze Grafik!)
In der Grafik ist sichtbar, welche Nomen in beiden Zeitungen (orange), nur in der NZZ (gelb) und nur im Tages-Anzeiger (rot) erscheinen. Orange die verbreitensten Schlagworte, um das Thema zu fassen.
Die Beschuldigten: Albaner, Balkan, Ausländer, Burschen.
Die Mitschuldigen: Eltern, Erziehung, Familienstruktur (NZZ), Film, Fernsehen (NZZ), Gesellschaft, Gewaltdarstellung, Gruppe und Gruppendynamik, Herkunft, Hintergrund, Identität, Kultur, die Linke und die Netten (sagt die SVP), die Schule, die Sexualisierung (NZZ).
Die Experten: Beratungsstelle, Fachleute, Fachmann, Fachstelle, Jugendpsychiaterin (NZZ), Kinderschutzgruppe (Tagi), Schulpsychologischer (Dienst).
Die Zeitungen pflegen dabei Eigenheiten: Der Tages-Anzeiger spricht von den Frauen, die als Freiwild angeschaut würden, nennen den Kosovo, das Leid, thematisiert die Schuldzuweisung, berichtet von der Taskforce und auch explizit von einer Täterin.
In der NZZ liest man von der Banalisierung, vom Computerspiel, von Heranwachsenden, von Mutprobe und der Pornographie – und, von Tatverdächtigen (auch von Tätern).
Und natürlich ist die SVP (Schweizerische Volkspartei) die meistgenannte politische Akteurin. Es folgen SP, CVP und FDP mit je ähnlichen Frequenzen.
Die wenigen Wörter fassen doch erstaunlich gut unsere Denkmuster und Argumentationsfiguren zusammen. Wirklich überraschend ist das alles nicht…
Und zuletzt: Mehr Augen sehen mehr! Die Analysen und Kommentare meiner Leserinnen und Leser interessieren mich natürlich sehr.
Im letzten Sprechtakel präsentierte ich erste Ergebnisse meiner korpuslinguistischen Recherche zum Seebacher „Fall“, wie er in Tages-Anzeiger und NZZ mehrheitlich bezeichnet wird. Der „Fall“: Die mutmassliche Vergewaltigung eines 13-jährigen Mädchens.
Peinlich wenn jemand der mit schöndenkerischen, gutmenschlichen Ansprüchen um sich schmeisst, um dann in das dumme Clichee abrutscht und das Unheil der Welt bei der SVP sucht. Genau so haben alle Faschisten und Diktatoren in der Vergangenheit funktioniert, man suchte sich einen Gegner, und wenn er fehlte, schuf man ihn, und machte ihn fertig.
Peinlich Herr Linguistiker.
Bereits in Einträgen zwei Einträgen (hier und hier) befasste ich mich mit der Berichterstattung zum „Vergewaltigungsfall in Seebach“.
Ein Kommentator der ersten Analyse störte sich anscheinend an der Nennung der SVP im Zusammenhang der Analyse und
Bereits in Einträgen zwei Einträgen (hier und hier) befasste ich mich mit der Berichterstattung zum „Vergewaltigungsfall in Seebach“.
Ein Kommentator der ersten Analyse störte sich anscheinend an der Nennung der SVP im Zusammenhang der Analyse und